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Susan Smith - Gemälde und Collagen

 

Susan Smith - Gemälde und Collagen

19. März 2011 – 21. April 2011

 

Reinhard Ermen
Susan Smith

Die Materialien kommen von draußen, von der Straße, von der Baustelle. Das Bild ist im wahrsten Sinne des Wortes gebaut, seine Elemente werden in die Tafel gezwungen, vielleicht sollte man besser sagen: Integriert! Das rechteckige Geviert, das gelegentlich auch durchbrochen wird, lädt zum Ausgleich der Teile ein. Vielen der Elemente, die sich im Dienst an der Konstruktion als bildbauende Garanten versammelt haben, ist der raue Charakter ihrer alten Zusammenhänge noch anzusehen; es entsteht eine Arbeit von aufgerauter Klassizität.

The materials stem from the outside world, from streets, construction sites. The picture is build in the truest sense oft he word, its elements having perhaps been forced – the more proper word is integrated – into the panel. The rectangular field (which is occasionally penetrated) invites an equilibration of parts, and many oft he found objects collected in the service of constructing the composition still bear the rough character of their original contexts; the result is a work of strangely unpolished classicism.


In: Nebeneinander III, Katalog Renate Schröder Galerie, Köln 2001

 

Verena Zeiner
Susan Smith. Struktur und Plastizität

Für das Auge, für den Betrachter ist die Vielfalt der Details in jeder einzelnen Arbeit von Susan Smith ein visuelles Erlebnis. Schlichte Formen, klare Farben und die einheitliche, geometrische Wirkung erschließen sich scheinbar auf den ersten Blick – nicht jedoch die Materialität der einzelnen Elemente. Gemalte Farbflächen vermischen sich mit Fundstücken, die ihrem ursprünglichen Kontext beraubt sind.

Anders als bei den großformatigen, bildhaften Arbeiten, wirken in kompakten Objekten von geringer Größe nicht nur die Komposition aus Fundstück und Malerei, die Farbigkeit und die Struktur der Oberfläche, sondern ebenso die Plastizität des gesamten Objekts. Als dreidimensionale, spannungsvolle Anordnung greift jede Arbeit in den Umraum ein – gleichwohl hat Smith das gesammelte Material dem urbanen Umfeld und der ursprünglichen Funktion entrissen. Neben dem Bezug zur Architektur, verweist Smith auf die Vergänglichkeit sowie die Veränderung der menschlichen Umwelt und gibt den ausgebrauchten Gegenständen einen neuen Kontext, eine zweite Wertschätzung und damit den Anklang an ein Denkmal für die Vergangenheit.

Durch die ständige Kombination von Fundstücken aus dem urbanen Raum mit der intuitiven, künstlerischen Bearbeitung, lassen sich die einzelnen Elemente der abstrakten Komposition oft nur schwer in die Kategorien Fundstück und künstlerische Antwort einordnen. Ebenso fließend sind bei Susan Smith die Übergänge zwischen den einzelnen Gattungen. Neben den objekthaften Gemälden, sind im Werk von Smith Collagen aus Verpackungsmaterialien und Arbeitsskizzen zu finden.

Die Collagen entwickeln sich aus mehreren Verpackungen und der malerischen Bearbeitung durch die Künstlerin zu spannungsvollen Kompositionen. Die Struktur der einzelnen Elemente tritt zunächst hinter der konsequenten Bemalung nach geometrischem Konzept zurück. Nach und nach lösen sich die einzelnen Ebenen jedoch voneinander: Entgegen der ursprünglich zweckmäßigen Funktion als Verpackung wirken die verschiedenen Papiere und Kartons im künstlerischen Kontext filigran und empfindlich. Unterstützend geben die Titel Hinweis auf das verwendete Ausgangsprodukt – die Chinese Takeout Box oder die Verpackung einer Portion French Fries. Aufgrund der formalen und malerischen Reaktion der Künstlerin auf die Unversehrtheit der Fundstücke, wären die Materialien, aufgelesen von den Straßen New Yorks, ohne sprachlichen Hinweis meist nicht als solche zu identifizieren. Smith überführt die Versatzstücke aus der Gesellschaft, aus der schnelllebigen, reizüberfluteten Konsumkultur in ihr Werk und schafft durch die Komposition und die künstlerische Bearbeitung Ausgewogenheit und neue Zusammenhänge. Zudem kehrt sie die gesellschaftliche Historie um – ursprüngliches Abfallprodukt wird zum Ausgangspunkt von Kunst.

In den Arbeitsskizzen löst Susan Smith formale, kompositorische und farbliche Fragestellungen. Innerhalb des Werkes von Smith sind diese Zeichnungen die Verfeinerung ihrer künstlerischen Intention. Die gedanklichen Assoziationen zur ursprünglichen Funktion und Bestimmung der Fundstücke treten aufgrund der veränderten Materialität zurück. Im Hinblick auf ihren Bezug zur städtischen Umgebung und Architektur als Anspielung auf den gesellschaftlichen und zeitlichen Verfall zeigt die lockere Ausführung in den Skizzen das Sichtbarwerden von Lebens- und Gebrauchsspuren.

The multitude of detail in each one of Susan Smith’s works is a visual experience to the observer’s eye. Simple forms, bright colors, and the consistent geometry are immediately evident; however the materiality of the individual elements does not. Painted color areas intermingle with the found materials taken out of their original context. Compact objects of smaller size are inspired not only from their composition of found material and painting, chromaticity, and their surface structures but also from the plasticity of the entire object unlike the large sized and pictorial works. As three-dimensional, suspenseful compositions every work interferes with its environment – all the same, Smith took the found material out of their urban environment and away from their original function. Besides the reference to architecture, Smith also refers to the transience and transformation of the human environment and puts the used objects into a new context, appreciating them again and appealing to a memorial to the past. The constant combination of found materials from an urban environment and the intuitive work of the artist, often make it difficult to classify the individual elements of the abstract composition as found material or artist’s answer. Just as fluctuating are Susan Smith’s transitions between the individual genres. Besides the object-like paintings, Smith also produced container collages and sketches. The collages were developed to suspenseful compositions out of several containers and the artist’s scenic adaptation. The structure of the individual elements initially stepped down behind the consistent concept of geometrical painting. However, the individual layers gradually detach from one another: the different papers and cardboard appear sophisticated and sensitive in an art context as opposed to the rather practical original purpose as containers. The titles provide an indication for the used base product – a Chinese Takeout Box or the package of French Fries. Due to the artist’s formal and pictorial reaction to the integrity of the found material, those materials, taken off the streets of New York, could not be identified as such without a linguistic note. Smith transforms pieces from society – a fast moving and overstimulated consumer culture – into her work, thus creating a fair balance and new relationships with the composition and artistic adaptation. She also reverses the social history: the original waste-product becomes a source for art. With her sketches, Susan Smith solves formal, compositional, and color-related problems. In Smith’s creation these sketches are a sophisticated intention of her art. Associations with the original purpose and designation of the found materials stand down due to the change in materiality. Regarding their relationship to the urban environment and architecture as an allusion to the social and chronological decay the casual implementation of the sketches reveals traces of life and signs of wear and tear.


In: Susan Smith. Gemälde und Kollagen, Katalog Galerie Merkle, Stuttgart 2011

 

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